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Sind Diabetiker unter Peritonealdialysebehandlung anfälliger für die Entwicklung einer Peritonitis als PD-Patienten, bei denen kein Diabetes vorliegt? - eine Facharbeit

Zusammenfassung

Die Peritonealdialyse (PD) hat sich als gleichwertige Nierenersatztherapie etabliert, bietet jedoch bei Diabetikern aufgrund von Spätkomplikationen ein erhöhtes Risiko für Peritonitis. Diese Arbeit untersucht, ob Diabetiker unter PD anfälliger für Peritonitis sind als Nicht-Diabetiker. Es wird aufgezeigt, dass diabetische Begleiterkrankungen das Infektionsrisiko beeinflussen, jedoch neue Dialyselösungen wie Icodextrin und pH-neutrale Alternativen das Risiko verringern können. Das Ergebnis zeigt, dass das Peritonitisrisiko bei Diabetikern nur marginal höher ist, jedoch eine angepasste Behandlung erforderlich ist.

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Einführung

Seit den 1990er-Jahren hat sich die Peritonealdialyse als ebenso wirksam wie die Hämodialyse etabliert, mit einer besseren Lebensqualität für die Patienten (Nußbaumer, 2023). Da 40 % der Dialysepatienten an Diabetes mellitus leiden, was zunehmend auch jüngere Patienten betrifft (Biermann GmbH, 2022), befasst sich diese Arbeit mit der Frage, ob Diabetiker unter Peritonealdialysebehandlung anfälliger für Peritonitis sind als Patienten ohne Diabetes. Diese Frage ist besonders relevant, da Peritonitis eine häufige und ernste Komplikation der Peritonealdialyse darstellt, und Diabetes mellitus eine der Hauptursachen für chronisches Nierenversagen ist, das oft eine Dialysebehandlung erforderlich macht.

Die Motivation für diese Untersuchung stammt aus meiner dreijährigen Praxis als Gesundheits- und Krankenpfleger auf einer Dialysestation. Bei meiner Recherche fiel auf, dass die Peritonealdialyse in Deutschland seltener genutzt wird als in anderen Ländern: 2008 lag die PD-Prävalenz in Deutschland bei nur 7 %, im Vergleich zu 80 % in Hongkong und 21 % in Schweden (Nußbaumer, 2023). Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass viele Dialysepatienten an Diabetes leiden, was die Untersuchung dieser Patientengruppe besonders relevant macht.

Die Arbeit konzentriert sich auf drei Hauptaspekte: das Prinzip der Peritonealdialyse und Peritonitis, die Spätkomplikationen von Diabetes im Hinblick auf das Peritonitisrisiko bei PD-Behandlung und den Einfluss von Peritonealdialyselösungen auf dieses Risiko bei Diabetikern. Für die Recherche wurden Fachliteratur und Online-Artikel genutzt, während ChatGPT hauptsächlich für Übersetzungen und die Suche nach relevanten Quellen unterstützend eingesetzt wurde. Eine weitere Frage, die sich während der Recherche aufwarf, war, warum die Peritonealdialyse in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern seltener verbreitet ist, obwohl sie eine flexiblere Lebensgestaltung ermöglicht. Diese Frage kann in dieser Arbeit nicht behandelt werden, aber sie könnte eine wertvolle Anregung für zukünftige Facharbeiten bieten.

Abgeschlossen wird die Arbeit mit einem Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst und mein Ergebnis präsentiert.

Prinzip der Peritonealdialyse und Peritonitis

Früher galt Diabetes aufgrund der glukosehaltigen Dialyselösungen als Kontraindikation für Peritonealdialyse (PD), doch mittlerweile ist PD eine bevorzugte Option für Diabetiker als Nierenersatzverfahren. Dies wird von der Deutschen Diabetesgesellschaft empfohlen, da die PD die Nierenrestfunktion länger erhalten kann und bei Diabetikern mit kardiovaskulären Begleiterkrankungen keine Shunt-Operation erforderlich ist (Albers, 2011).

Die Peritonealdialyse nutzt das Bauchfell als semipermeable Membran, um durch den PD-Katheter in den Douglasraum sterile Dialyselösungen einzubringen. Der Austausch von Flüssigkeit und gelösten Stoffen zwischen Blut und Dialysat erfolgt über die Diffusion durch das Peritoneum. Es gibt verschiedene PD-Methoden, die je nach Patientenpräferenz und individuellen Faktoren gewählt werden, darunter die kontinuierliche ambulante Peritonealdialyse (CAPD) und die automatisierte Peritonealdialyse (APD) (Mettang, 2015).

Ein wichtiger Test in der PD ist der Peritoneale Äquilibrationstest (PET), der die individuelle peritoneale Transportfähigkeit und Ultrafiltrationsleistung misst. Bei Diabetikern kann die Verwendung glukosehaltiger Dialyselösungen zu einer zusätzlichen Belastung des Stoffwechsels führen, was eine Therapieanpassung erfordern kann (Breuch, 2017).

Vorteile der PD sind unter anderem eine bessere Lebensqualität, weniger hämodynamische Belastung und geringere Einschränkungen in der Flüssigkeitszufuhr. Allerdings bringt die PD auch Nachteile mit sich, wie erhöhte Glukosebelastung, Hyperglykämien, erhöhten Insulinbedarf und Hyperlipidämie, die das Risiko für arteriosklerotische Erkrankungen steigern können (Mettang, 2015). Eine der schwerwiegenden Komplikationen ist die Peritonitis, die etwa 30 % der PD-Patienten betrifft und bei unsachgemäßer Durchführung gefährlich werden kann (Wien, Medizinische Universität, 2023).

Die häufigste Ursache für Peritonitis bei CAPD ist eine bakterielle Infektion, die durch Katheteraustrittsstellen oder wiederholte Diskonnektionen begünstigt wird. Diabetiker mit Wundheilungsstörungen und Proteinmangelernährung sind besonders gefährdet, da die Heilung von Infektionen verzögert sein kann. Zudem kann die PD auch den Eiweißverlust erhöhen, was zu Mangelernährung führt (Mettang, 2015).

Die Hyperosmolarität und der niedrige pH-Wert von Standarddialyseflüssigkeiten können das Peritoneum schädigen und das Risiko für Peritonitis erhöhen (Offner, 2013). Bei Diabetikern erfordert die PD aufgrund der höheren Glukoseresorption eine genauere Insulinüberwachung und möglicherweise eine Anpassung der Insulindosen. Auch die intraperitoneale Insulingabe erhöht das Risiko für Peritonitis (Mettang, 2015).

Diabetiker sind generell häufiger von spezifischen Komplikationen der PD betroffen als Nicht-Diabetiker. Präventive Maßnahmen, wie sorgfältige Exitpflege und Schulungen der Patienten zur Heimbehandlung, sind entscheidend, um Risiken zu minimieren (Albers, 2011).

Einflüsse diabetischer Spätkomplikationen auf das Peritonitisrisiko bei Peritonealdialyse (PD)

Laut dem neuesten Gesundheitsbericht von diabetesDE leiden in Deutschland aktuell 8,9 Millionen Menschen an Diabetes Typ-2, mit etwa 500.000 Neuerkrankungen jährlich. Zudem gibt es rund 340.000 Erwachsene und 32.000 Kinder und Jugendliche mit Diabetes Typ-1. Etwa 30-40% der Diabetespatienten zeigen Nierenschäden, und jährlich werden mehr als 2000 Patienten dialysepflichtig. Eine japanische Studie von 2013 zeigte, dass Diabetiker seltener Peritonealdialyse wählen im Vergleich zu Nicht-Diabetikern. Ärzte befürchten, dass Diabetiker aufgrund einer geschwächten Immunabwehr häufiger an Peritonitis erkranken (Nakao, 2019).

Diabetes mellitus verursacht langfristige Komplikationen, die insbesondere die kleinen und großen Blutgefäße betreffen (Mikro- und Makroangiopathie). Diese Veränderungen begünstigen unter anderem arteriosklerotische Prozesse, die auch das peritoneale Kapillarnetz und die lokale Immunabwehr beeinträchtigen können. Das Ergebnis ist eine erhöhte Infektanfälligkeit, besonders bei schlecht eingestellten Diabetikern (Brutsaert, n.d.).

Ein weiteres Risiko stellen diabetische Neuropathien dar, bei denen Nervenfunktionen beeinträchtigt sind, was die Wahrnehmung von Entzündungen und das Fortschreiten einer Peritonitis erschwert (Lechleitner, 2004).

Einfluss von Dialyselösungen auf diabetische Patienten und das Peritonitisrisiko

Glukosehaltige Dialyselösungen sind essenziell für eine erfolgreiche PD. Ihre hohe Glukosekonzentration ermöglicht eine gute Ultrafiltrationsleistung, allerdings gelten diese Lösungen aufgrund ihres niedrigen pH-Werts und der Glukoseabbauprodukte (GDP) als bioinkompatibel. Moderne, pH-neutrale oder low-GDP-Lösungen sind weniger toxisch und verringern strukturelle Veränderungen an der Peritonealmembran (Mettang, 2015).

Eine japanische Studie zeigte, dass Diabetiker früher Peritonitis entwickelten, als sie herkömmliche Glukoselösungen verwendeten. Im Zeitraum von 2005 bis 2012, mit besseren biokompatiblen Lösungen, war das Peritonitisrisiko jedoch vergleichbar mit dem von Nicht-Diabetikern (Nakao, 2019).

Abbildung 1: Einfluss von Diabetes auf das Auftreten von Peritoneal Erkrankungen Dialyseassoziierte Peritonitis (Masatsugu Nakao*, 2019, p. 4)

Neue Dialyselösungen, wie Icodextrin, bieten Vorteile bei Diabetikern, da sie eine langanhaltende Ultrafiltrationsleistung erzeugen und den Glukosegehalt reduzieren, was das Blutzucker- und Lipidprofil verbessert. Nachteile sind der saure pH-Wert, der das Bauchfell reizen kann. Neuere Studien zu Alanyl-Glutamin-Lösungen zeigen jedoch vielversprechende Ergebnisse in der Verbesserung der Zellreparatur und Immunabwehr des Bauchfells, was besonders für Diabetiker von Bedeutung sein könnte (Kratochwill, 2016).

Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Peritonealdialyse hat sich als gleichwertiges Nierenersatzverfahren zur Hämodialyse etabliert. Obwohl Diabetes aufgrund der glukosehaltigen Lösungen lange als Kontraindikation galt, ist sie heute für Diabetiker das bevorzugte Verfahren. Die PD ermöglicht eine kontinuierlichere Entfernung von Stoffwechselendprodukten und überschüssigem Wasser als die Hämodialyse und nutzt das Bauchfell als semipermeable Membran. Die Auswahl der Dialyselösungen beeinflusst die Ultrafiltration und Clearance von harnpflichtigen Substanzen und wird individuell angepasst.

Trotz der Vorteile bleibt die Peritonitis eine gefürchtete Komplikation. Die Durchführung einer PD erfordert hohe Eigenverantwortung und Hygiene. Besonders Fehler bei der Hygiene und Exitpflege führen häufig zu PD-assoziierten Peritonitiden. Auch die hohen Glukosekonzentrationen und der saure pH-Wert konventioneller Dialyselösungen erhöhen das Risiko für Peritonitis, selbst bei optimalem Hygienemanagement.

Die diabetische Nephropathie ist eine der schwerwiegenden Komplikationen des Diabetes und stellt eine Herausforderung für die PD-Behandlung dar. Mehrere diabetische Spätkomplikationen, wie chronische Hyperglykämien und mikroangiopathische Prozesse, können die Peritonitisanfälligkeit erhöhen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung des Diabetes sind daher entscheidend, um diabetische Folgeschäden zu verhindern oder deren Fortschreiten zu verzögern.

Neue Dialyselösungen, wie Icodextrin oder pH-neutrale Alternativen, haben die Behandlungsergebnisse bei diabetischen Patienten verbessert. Icodextrin beeinflusst den Blutzuckerspiegel weniger stark und reduziert somit das Risiko für Folgekomplikationen. Gleichzeitig unterstützen pH-neutrale Lösungen die langfristige Funktionalität des Peritoneums und minimieren chronische Entzündungen.

Fazit

Trotz eines leicht erhöhten Peritonitisrisikos bei Diabetikern, wie auch in einer japanischen Studie gezeigt, ist dieses Risiko nur marginal. Die Forschung hat ergeben, dass nicht direkt Diabetes, sondern metabolische Komplikationen und die Auswirkungen konventioneller Glukoselösungen das Peritonitisrisiko bei Diabetikern erhöhen können. Bei korrektem Hygienemanagement und regelmäßiger Blutzuckerkontrolle bleibt das Risiko jedoch überschaubar.

Die Entwicklung neuer Dialyselösungen bietet Diabetikern eine effektive und sichere Alternative, die Blutzuckerstabilität zu verbessern und das Peritonitisrisiko zu verringern. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Diabetologen und Nephrologen kann zu einer optimierten Behandlung führen und die Lebensqualität der Patienten steigern. Trotz der Fortschritte bleibt jedoch die Frage, warum die Peritonealdialyse in Deutschland noch unter dem Niveau anderer Industrieländer genutzt wird.

Autorenangaben:
Frau Farzad Esmaily
Elisabeth-Krankenhaus Essen
Teilnehmerin zur Fachpflegekraft in der FWB Nephrologie in der Universitätsmedizin Essen


Literaturverzeichnis

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