fnb eJournal
03/25
Inhaltsverzeichnis

Von Symptomen zu Signalen: Digitale Prävention
und die Rolle der nephrologischen Fachpflege bei CKD

Zusammenfassung

Zwischen Arztbesuchen liegt für Menschen mit chronischer Nierenerkrankung oft eine lange Strecke voller Fragen und Unsicherheiten.
Die chronischen Nierenerkrankungen (CKD) verlaufen oft schleichend und sind auch schon in den frühen Stadien mit einer diffusen Symptomlast verbunden, die oft spät erkannt und unzureichend behandelt werden. Neue digitale hybride Ansätze ermöglichen eine frühzeitige Erfassung von Symptomen und Risikofaktoren. Studien zeigen, dass digitale Selbstmanagement-Programme Akzeptanz finden und Wissen verbessern können. Aber: Wissen allein reicht nicht, Patient:innen brauchen eine strukturierte Anleitung und Begleitung. Angesichts des Wandels in der nephrologischen Versorgungsstruktur bietet dieser Ansatz zukunftsweisende Unterstützung für die Praxis.

Keywords

CKD, Symptome, Digitale Gesundheit, Fachpflege, Prävention, Fachkräftemangel, Hybridversorgung

Abbildung: Beispielbild Dialog

Systematisches Symptom-Screening zur Sekundärprävention

CKD-Patient:innen berichten früh über multiple Symptome wie Fatigue, Krämpfe, Juckreiz, Schlafstörungen und Schmerzen, die häufig untererkannt bleiben (Rao et al. 2021). Leitlinien fordern daher systematisches Symptom-Screening (KDIGO 2024).

Aktuelle Forschungen weisen darauf hin, dass KI-Modelle wie Delphi-2M Krankheitsrisiken über Jahre hinweg vorhersagen können (Shmatko et al. 2025). Parallel eröffnen epigenetische Organuhren oder kontinuierliche Proteinmessung neue Möglichkeiten in der Sekundärprävention, indem sie Krankheitsprozesse in einem sehr frühen Stadium sichtbar machen (Zhou et al. 2024; Kelley et al. 2025).

Doch Daten allein genügen nicht. Pilotstudien zeigen, dass mHealth-Programme machbar und akzeptiert sind, insbesondere zur Selbstkontrolle bei Hypertonie und CKD (Schrauben et al. 2024). Schmidt et al. (2025) konnten zudem belegen, dass eine positive Arbeitsbeziehung in digitalen hybriden Programmen mit Stressreduktion, besserer Gesundheitskompetenz und Verhaltensänderung verbunden ist.

Besonders aussichtsreich erscheinen hybride Versorgungsmodelle, die digitale Selbstmanagement-Tools wie die Mizu App mit der Kidney+ Erweiterung mit nephrologischer Fachpflege kombiniert. Während die App Symptome, Vitalparameter und Verhaltensdaten standardisiert erfasst und in Signale übersetzt, übernimmt die nephrologische Fachpflege die Interpretation, übersetzt und unterstützt in Absprache mit dem Behandlungsteam bei der Umsetzung in den Alltag.

So wird …

  • die medizinische Therapie unterstützt
  • die Progressionshemmung zusätzlich verstärkt
  • die Lebensqualität verbessert
  • Patient:innen bei wichtigen Therapieentscheidungen gestärkt

So sind hybride digitale Angebote nicht nur Apps, sondern ein neues Versorgungsmodell, das medizinische Teams entlastet und Patient:innen mehr Gesundheitskompetenz und Selbstbestimmung ermöglicht.

Diskussion

Digitale Anwendungen wie Mizu mit Kidney+ verdeutlichen das Potenzial hybrider Versorgungskonzepte:

  • Digital: digitale Unterstützung, die Wissen und Struktur vermittelt und kontinuierlich Symptome, Vitalparameter erfasst und visuell aufbereitet
  • Fachpflege: empathische Begleitung, das Vertrauen und Gesundheitskompetenz schafft, eine Arbeitsallianz mit den Patient:innen bildet und Alltagshürden überwindet

Dieses Zusammenspiel schafft einen Kreislauf aus Erfassung, Interpretation und Intervention. So wird aus einer ärztlichen Verordnung echte Alltagspraxis.

Fazit

Digitale Tools wie Mizu mit der Kidney+ Erweiterung verwandeln Symptome in früh erkennbare Signale. Im hybriden Zusammenspiel mit der nephrologischen Fachpflege entstehen daraus konkrete, patientenzentrierte Handlungen. Dieses Modell verbindet die Skalierbarkeit digitaler Technologien mit der Empathie und Expertise der Fachpflege. In dieser Kombination lassen sich Sekundärprävention und Symptomkontrolle wirksam und zukunftsfähig gestalten.

Gerade berufspolitisch ist das entscheidend: Mit weniger Fachkräften, neuen Rollenprofilen und einer angespannten Versorgungslage steigt der Druck, Qualität und Sicherheit zu sichern. Das hybride Modell – digitale Tools kombiniert mit nephrologischer Fachpflege – eröffnet hier eine tragfähige Lösung. Es ergänzt die medizinische Therapie und begleitet Patient:innen kontinuierlich von der Diagnosestellung bis zur Nierenersatztherapie (Destatis 2024; DGfN 2025).

Wenn wir Studien und Leitlinien ernst nehmen, gehört diese Form der Patientenbegleitung in die Regelversorgung – als kontinuierliche Unterstützung zwischen den medizinischen Terminen.

Autorenangaben:
Frau Kerstin Gerpheide
Kidney+ Care Team Lead
München


Literaturverzeichnis

Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) (2025): Versorgungsbericht Nephrologie. Berlin.

Destatis (2024): Pflegepersonalprognose 2049. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.

KDIGO (2024): Clinical Practice Guideline for the Evaluation and Management of Chronic Kidney Disease. Kidney Int Suppl.

Kelley, S.; et al. (2025): Continuous protein monitoring for early disease detection. Science, 390(6704), S. 112–118.

Rao, S. R.; Vallath, N.; Siddini, V.; Jamale, T.; Bajpai, D.; Sancheti, N. N.; Rangaswamy, D. (2021): Symptom management among patients with chronic kidney disease. Indian Journal of Palliative Care, 27(Suppl 1), S. 14–29. DOI:10.4103/ijpc.ijpc_69_21.

Schmidt, L. I.; Jokisch, M. R.; Espey, L.; Hentschel, V. A.-T.; Rose, D.; Fleig, S.; Waldeck, M.; Best, J. D.; Wagner, J. (2025): Health literacy and guideline-adherent lifestyle in people with chronic kidney disease: exploring factors associated with usage intention of a structured m-health program and pilot data on actual behavior change. Frontiers in Nephrology, 5:1629438. DOI:10.3389/fneph.2025.1629438.

Schrauben, S. J.; et al. (2024): Supporting Self-Management of Healthy Behaviors in Chronic Kidney Disease and Hypertension: The SMART-HABITS Pilot Randomized Trial. J Am Soc Nephrol, 35(6), S. 947–960.

Shmatko, A.; Jung, A. W.; Gaurav, K.; Mortensen, L. H.; Brunak, S.; Birney, E.; Fitzgerald, T. et al. (2025): Learning the natural history of human disease with generative transformers. Nature, 627, S. 330–338. DOI:10.1038/s41586-025-09529-3.

Zhou, X.; et al. (2024): Epigenetic organ aging clocks and disease risk. Nature Aging, 4(2), S. 145–158.

Inhaltsverzeichnis fnb eJournal 03/25
  • Cover der Ausgabe
  • abbildung: pixabay, notebook-1840276_1280
    Editorial
  • Künstliche Intelligenz in der nephrologischen Pflege und Dialyse
  • Von Symptomen zu Signalen: Digitale Prävention und die Rolle der nephrologischen Fachpflege bei CKD
  • Telecoaching für Patient:innen mit fortgeschrittener CKD
  • Muskelkrämpfe bei Dialysepatienten – strategisches Handeln mit Hilfe des Pflegeprozesses
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